VW in der Krise: Kündigungen und Werkschließungen drohen – Was ist schiefgelaufen?

Volkswagen (VW), einst eine tragende Säule der deutschen Automobilindustrie, steht vor erheblichen Herausforderungen. Die jüngsten Berichte über drohende Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen haben nicht nur die Belegschaft, sondern auch die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Doch wie kam es zu dieser Situation, was läuft bei VW schief, und wie geht es weiter?

1. Die Ursachen der Krise: Was ist schiefgelaufen bei VW?

Volkswagen kämpft auf mehreren Fronten gleichzeitig:

  • Schwächelnde Absatzmärkte: VW hat mit einem deutlichen Absatzrückgang zu kämpfen, insbesondere in wichtigen Märkten wie China und Europa. In China, dem größten Automobilmarkt der Welt und lange Zeit eine tragende Säule des Konzerns, sanken die Verkaufszahlen um fast 20 Prozent. Gleichzeitig stagnieren in Europa die Verkäufe von Elektrofahrzeugen, und die Nachfrage nach herkömmlichen Fahrzeugen hat ebenfalls stark nachgelassen. In den USA kann VW sich zudem nicht gegen die lokale Konkurrenz behaupten.
  • Hohe Produktionskosten und Überkapazitäten: Ein zentrales Problem ist die Überkapazität in den Werken. Der Konzern produziert derzeit etwa 500.000 Autos mehr als er absetzen kann. Dies führt zu hohen Lagerbeständen und einem enormen Kostendruck. Die Modernisierung und Umstellung auf Elektromobilität in Werken wie Zwickau und Emden haben zusätzliche Kosten verursacht, ohne dass die erwarteten Absatzerfolge eingetreten sind.
  • Technologische Umbrüche: Die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Elektromobilität und die Digitalisierung setzen Unternehmen unter Druck, neue technologische Standards zu erreichen. VW hat zwar Milliarden in diese Bereiche investiert, doch die Umsetzung ist teils schleppend. Das Programm „Accelerate Forward/ Road to 6.5“ sieht Einsparungen von zehn Milliarden Euro bis 2026 vor, um die Umsatzeinbußen auszugleichen und die Profitabilität zu steigern. Diese Einsparungen betreffen jedoch auch die Belegschaft und könnten zu Kündigungen führen.
  • Fehler im Management: Intern gab es immer wieder Streitigkeiten und Missmanagement, das zur jetzigen Situation beigetragen hat. In der Vergangenheit wurde oft mehr auf Expansion und Wachstumsziele gesetzt, ohne die möglichen finanziellen Risiken vollständig zu berücksichtigen. Die hohen Investitionen in Elektromobilität haben die Kosten in die Höhe getrieben, und Fehlentscheidungen bei der Modellstrategie führten zu einer breiteren, aber weniger fokussierten Produktpalette.

2. Der Sparkurs und seine Konsequenzen

Um den Konzern wieder auf Kurs zu bringen, hat VW einen massiven Sparkurs eingeschlagen. Dieser umfasst:

  • Reduzierung der Produktionskosten: VW will durch Einsparungen bei Material- und Produktionskosten, eine Optimierung der Lieferketten sowie eine Reduzierung der Fixkosten seine Profitabilität steigern. Besonders die Fertigungsstandorte sollen effizienter werden, was zu erheblichen Einschnitten führen könnte.
  • Kündigung der Beschäftigungssicherung: Eine der drastischsten Maßnahmen ist die Kündigung der Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausgeschlossen hatte. Diese Entscheidung hat bei der Belegschaft und den Gewerkschaften zu großer Empörung geführt. Die IG Metall und der Betriebsrat kündigten massiven Widerstand gegen diesen „Angriff auf unsere Beschäftigung und Standorte“ an.
  • Werkschließungen im Raum: Obwohl konkrete Zahlen zu betroffenen Arbeitsplätzen und Standorten noch fehlen, wird spekuliert, dass mindestens ein Fahrzeugwerk und ein Komponentenwerk in Deutschland zur Disposition stehen könnten. Besonders Werke, die in den letzten Jahren hohe Investitionen zur Umstellung auf Elektromobilität erhalten haben, wie Zwickau und Emden, könnten aufgrund mangelnder Absatzerfolge gefährdet sein.

3. Die Reaktion von Gewerkschaften und Politik

Der Widerstand von Seiten der Gewerkschaften und des Betriebsrats ist enorm. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat angekündigt, sich „erbittert zur Wehr“ zu setzen. Auch die Landesregierung von Niedersachsen, die mit 20 Prozent an VW beteiligt ist, fordert eine Prüfung aller Alternativen, bevor über Werkschließungen nachgedacht wird. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte, dass ein solcher Schritt „das Herz des Konzerns infrage stellt“ und die Landesregierung genau beobachten werde, wie VW die Krise bewältigt.

4. Gibt es Lichtblicke? Die Zukunft von VW

Die Situation bei VW ist ernst, aber nicht ausweglos. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass es in der Lage ist, sich aus Krisen zu befreien. Doch dies wird nur gelingen, wenn entscheidende strategische Maßnahmen umgesetzt werden:

  • Fokus auf Elektromobilität: Obwohl die Elektromobilität bislang nicht die gewünschten Umsätze bringt, bleibt sie für VW ein zentraler Baustein der Zukunftsstrategie. Der Konzern plant, bis 2026 mehr als 18 Milliarden Euro in Elektromobilität, Hybridisierung und Digitalisierung zu investieren. Diese Maßnahmen sollen VW langfristig wettbewerbsfähig halten, insbesondere gegen neue Konkurrenten wie Tesla.
  • Restrukturierung und Kostensenkungen: Der eingeschlagene Sparkurs zielt darauf ab, die Umsatzrendite bis 2026 auf 6,5 Prozent zu steigern. Dies wird durch eine deutliche Reduzierung der Produktionskosten und eine Effizienzsteigerung in den Werken erreicht werden müssen. Allerdings ist unklar, inwieweit dieser Plan ohne betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen realisierbar ist.
  • Innovation und Nachhaltigkeit: VW setzt verstärkt auf technologische Innovationen und nachhaltige Produktionsmethoden, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Der Konzern arbeitet an einer breiteren Palette von Elektrofahrzeugen, die auch im günstigeren Preissegment angesiedelt sind, um eine größere Kundengruppe anzusprechen. Hierbei könnten Partnerschaften mit Technologiefirmen und Zulieferern eine Schlüsselrolle spielen.

Fazit: Wie geht es weiter mit VW?

Volkswagen steht an einem Scheideweg. Der Druck durch sinkende Absätze, hohe Produktionskosten und der Übergang zur Elektromobilität fordert das Unternehmen heraus wie selten zuvor. Während Kündigungen und Werkschließungen eine reale Bedrohung darstellen, gibt es durchaus Chancen für eine erfolgreiche Restrukturierung. Der Konzern muss jedoch schnell handeln, um den Sparkurs durchzusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Gewerkschaften und Politik werden weiterhin wachsam bleiben, um die Interessen der Belegschaft zu schützen.

Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob VW als einer der weltweit führenden Automobilhersteller bestehen kann – oder ob die Krise tiefere Einschnitte hinterlässt, als bisher angenommen.

VW wie geht’s weiter?

(Quellen: Onvista, Automobil Produktion, Merkur, SRF)